Unternehmensnachfolge – Neue Perspektiven wagen!
Aktuelle Studien zeigen, dass die erfolgreiche Unternehmensnachfolge im Mittelstand zunehmend schwieriger wird. Jährlich stehen etwa 38.000 Unternehmensübergaben an (ifo 2023), wobei es dreimal mehr nachfolgebereite Unternehmen als Interessenten gibt (DIHK 2024). Der Trend, dass immer weniger Familienmitglieder bereit sind, die Führung zu übernehmen, verschärft die Situation. Die sogenannte „Nachfolgelücke“ wird sich in den kommenden Jahren weiter vergrößern (KfW 2024). Mehr als ein Viertel der übergabebereiten Unternehmer erwägen daher, ihr Unternehmen zu schließen, während rund die Hälfte eine Übertragung an externe Interessenten plant. Dieses strukturelle Überangebot an Unternehmen trifft auf schwierige Marktbedingungen (Bain 2024), die durch erhebliche Herausforderungen, Risiken und Unsicherheiten geprägt sind, was die Nachfolgelösungen im Mittelstand weiter erschwert.
In diesem Kontext lohnt es sich, alternative Ansätze für die Unternehmensnachfolge zu betrachten. Ein vielversprechender Weg ist die Nachfolge durch eine aktive Unternehmensakquisition, die der eigentlichen Nachfolge (Step 2) zeitlich vorausgeht (Step 1). Wesentliche Voraussetzungen für diesen Ansatz sind:
- Eine stabile und belastbare wirtschaftliche Situation des akquirierenden Unternehmens, also des Unternehmens, dessen Inhaber eine Nachfolge suchen.
- Eine klare, wachstums- und ertragsorientierte Strategie für die neu entstandene Unternehmensstruktur als solide Basis für die angestrebte Nachfolgelösung.
- Die Bereitschaft der akquirierenden Seniorunternehmer, einen emotional herausfordernden und komplexen Prozess aktiv zu gestalten.
Unter diesen Voraussetzungen kann die Unternehmensnachfolge im Rahmen einer aktiven Akquisitionsstrategie erfolgreich umgesetzt werden. Das Ziel dieses Ansatzes ist es, durch einen gezielten Unternehmenskauf nicht nur eine strategische Ergänzung für das eigene Unternehmen zu finden, sondern auch die Managementkapazität für eine erfolgreiche Unternehmensfortführung und -entwicklung zu sichern.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor dieser Strategie ist die exzellente Kenntnis vieler Unternehmerinnen und Unternehmer ihres Wettbewerbsumfelds, einschließlich der handelnden Personen. Dieses spezifische Wissen kann gezielt genutzt werden, um in fokussierten, direkten und integrativen Gesprächen ein Interesse an einer strategischen Zusammenarbeit zwischen dem nachfolgeplanenden Erwerber, den Gesellschaftern des Zielunternehmens und dem aktiv einzubindenden Management zu wecken.
Dieser alternative Denkansatz in der Unternehmensnachfolge ist anspruchsvoll. Oft schieben abgabewillige Unternehmerinnen und Unternehmer das Thema auf die lange Bank oder verfolgen es nur halbherzig (DIHK 2024). Diese untypische Haltung des Abwartens kann überwunden werden, wenn sich die Unternehmerinnen und Unternehmer die strategische Bedeutung der Nachfolgeregelung für sich selbst, ihre Familie und das Unternehmen bewusstmachen und frühzeitig einen vertraulichen, aber strukturierten Prozess einleiten.
Aus einer Prozessperspektive können erfahrene externe Berater und Partner Unterstützung bieten. Zudem lässt sich eine aktive Akquisitionsstrategie mit dem Ziel der Nachfolgeregelung auch über ein Beirats- oder Aufsichtsratsmodell organisieren. In der erfolgreichen Umsetzung zeigen sich die zahlreichen Vorteile dieses Konzepts:
- Das akquirierende Unternehmen stärkt seine strategische Position.
- Die Attraktivität des Unternehmens steigt in den Augen potenzieller Nachfolgepartner.
- Aus der gestärkten Markt- und Wettbewerbsposition heraus eröffnen sich neue unternehmerische Spielräume, z.B. in der Neuausrichtung des Gesellschafterkreises, der Gestaltung von Finanzierungen, der Vermögensdiversifizierung oder der Einbindung neuer Partner.
Die Unternehmensnachfolge ist eine der bedeutendsten Herausforderungen, der sich Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrem Leben stellen müssen (Kluth 2018). Eine gute Nachricht ist, dass die Vorbereitungen auf die Nachfolge zunehmend professioneller werden (ifo 2023). Es ist daher nur konsequent, der strategischen Bedeutung der Unternehmensnachfolge die unternehmerische Aufmerksamkeit zu widmen, die sie verdient.
Zusammenfassend gesagt...
Herausforderung: Unternehmensnachfolger finden
Voraussetzungen:
- Gesunde wirtschaftliche Unternehmensposition
- Strategisches Entwicklungspotenzial
- Bereitschaft zur Übertragung von Führungsverantwortung
- Bereitschaft zur Erweiterung des Eigentümerkreises
- Mut zum Loslassen
Lösungsansatz: Aktive Akquisitionsstrategie
Erfolgsfaktoren:
- Target-Management mit klaren strategischen Zielen
- Strategische Potenziale des Zielunternehmens
- Gestaltungswille
- Teamfähigkeit mit neuen Partnern
- Mut zum kalkulierbaren unternehmerischen Risiko
Quellen und weiterführende Informationen:
- Bain & Company (Bain 2024): The Dark before the Dawn. Global Private Equity Report 2024. Boston. https://www.bain.com/globalassets/noindex/2024/bain_report_global-private-equity-report-2024.pdf
- Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK 2024): DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2024. Berlin. https://www.dihk.de/resource/blob/118956/81ab63db2dbf36551b4fd8fca271e7c3/unternehmensentwicklung-dihk-report-unternehmensnachfolge-2024-data.pdf
- Garnitz, Johanna; von Maltzan Annette; Müller, Johannes (ifo 2023): Nachfolge-Monitoring deutscher Familienunternehmen. Eine empirische Analyse auf Datenbasis der Datenbank FamData. In: ifo Schnelldienst 12/2023. München. https://www.ifo.de/DocDL/sd-2023-12-garnitz-maltzan-mueller-unternehmensnachfolge-famdata.pdf
- Kluth, Oliver (Kluth 2018): Nachfolge im Familienunternehmen: Besonderheiten und Herausforderungen. Diplomica Verlag. Hamburg.
- Schwartz, Michael (KfW 2024): Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2023. In: KfW Research. Fokus Volkswirtschaft. Nr. 450 vom 12. Februar 2024. Frankfurt. https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/Fokus-2024/Fokus-Nr.-450-Februar-2024-Nachfolge.pdf